Kontinental ‘25
Radu Jude
Orsolya fühlt sich schuldig. Bei einer Zwangsräumung unter ihrer Zuständigkeit strangulierte sich der illegale Hausgast selbst, während sie gerade mit den anderen Beamten eine Kaffeepause machte. Die Gerichtsvollzieherin trifft das hart – sie wollte die Räumung doch so human wie möglich durchführen und kann die Schuldgefühle kaum ertragen. Schließlich ist sie doch ein guter Mensch, davon muss sie überzeugt sein. Aber sie braucht dringend eine Bestätigung ihrer Rechtschaffenheit und sucht diese bei einer Kollegin, ihrer Mutter, ihrem Priester und einem mechanischen T-Rex. Doch jeder hat ihr andere, leere Antworten zu bieten, die ihr nur noch mehr Kopfschmerzen bereiten. Vielleicht ist doch Ablenkung und Spaß frei von klassischen Moralvorstellungen das Mittel gegen ihr Leiden…
Das brilliant geschriebene Drehbuch von Radu Jude, der dafür auf der Berlinale den silbernen Bären verliehen bekam, erschafft mit erstaunlicher Vielschichtigkeit ein Kaleidoskop aus aktuellen gesellschaftlichen Problemen und eröffnet einen in unserer rechtschaffenen Welt unangenehmen Diskurs: Wer trägt die Schuld systematischer Verbrechen und was nützt unser Mitleid denn schon den Opfern?
26. April 2025
19:00 Uhr, Esplanade im Festivalzentrum
Mehr Informationen
Regie | Radu Jude |
Land | Rumänien/Brasilien/Schweiz/UK/Luxemburg |
Jahr | 2025 |
Spieldauer | 109 min |
Sprache | Rumänisch, Ungarisch, Deutsch |
Sprachfassung | OmU |
Produktion | Rodrigo Teixeira, Alexandru Teodorescu |
Darsteller | Eszter Tompa, Gabriel Spahiu, Adonis Tanța |
Kamera | Marius Panduru |
Drehbuch | Radu Jude |
Schnitt | Cătălin Cristuțiu |
Ton | Hrvoje Radnić, Radu Selistean |
Musik | Matei Teodorescu |
Sound Design | Cristian Ștefănescu, Alexandru Dumitru |
BERLINALE 2025: BESTES DREHBUCH
Über den Regisseur
Radu Jude, geboren 1977 in Bukarest, ist aktuell die vermutlich wichtigste Stimme des rumänischen Kinos. Der eifrige Regisseur hat seit dem Beginn seiner Karriere vor zwanzig Jahren über 30 Kurz- und Langfilme umgesetzt und damit weltweit auf Filmfestivals Preise abgeräumt. Er ist inzwischen Stammgast auf der Berlinale, wo er 2015 den silbernen Bären für die beste Regie für seinen Film Afterim! erhielt. Sechs Jahre später holte er sich dann den goldenen Bären für den besten Film für seine ungewöhnliche Komödie Bad Luck Banging or Loony Porn und war 2023 Teil der internationalen Jury. Sein nächster Spielfilm Do Not Expect Too Much from the End of the World, in Farbe und Schwarz/Weiß gedreht, war sein bisher erfolgreichster und konnte unter anderem in Locarno und Hamburg Preise gewinnen. Für Kontinental ‘25 wurde er dieses Jahr in Berlin mit dem begehrten silbernen Bären für das beste Drehbuch ausgezeichnet.
Pressestimmen
„Like all Radu Jude’s films, this [one] is both angry and ironic; nobody here, including the people sitting in the street cafes, averting their eyes from the beggars, is innocent. That includes us: As Ortolya tells her story over and over, we want her to somehow get over it, move on with her life [...].“ (Stephanie Bunbury für Deadline)
„Jude likes to make movies quick and dirty, as if his productions had a hard time keeping up with all the ideas racing through his head. His last two features were both ripped-from-the-headlines satires that felt fast, fresh and utterly contemporary, like they were shot on the fly. The same could be said for his latest morality tale, Kontinental ’25, which has more of a universal bent yet makes references to such hot-button topics as the ongoing wars in Gaza and Ukraine, as well as Hungary’s despotic leader Viktor Orbán. [...] Jude has a lot to say here [and] as usual the director finds an intriguing way to say it. [...] There’s a didactic, Brechtian structure to the movie — Brecht is cited several times in the dialogue — in which Jude asks the viewer to question what the death of Ion [a homeless man] means in a society wracked by rampant capitalism, racist nationalism and religious extremism.“ (Jordan Mintzer für The Hollywood Reporter)
HESSENPREMIERE
Internationaler Langfilm