Ein neues FFG muss Mittel für eine nachhaltige und dezentrale kulturelle Filmbildung verfügbar machen und dadurch eine strukturelle Verankerung der Kunstform Film in Bildung und Kultur vorantreiben.

 

Ausgangssituation:

Filmbildung ist unerlässlich für den Fortbestand der Filmkultur. Filmbildung ist essentiell, da sie sich mit der spezifischen ästhetischen Erfahrung und der Geschichte von Film und Kino beschäftigt, die Machart und die Materialität von Filmen vermittelt und mit der Vielfalt der Formen, der Erzählweisen, Gattungen und Genres arbeitet. Filmbildung bereitet einer sinnlichen Beziehung zu Film und Kinokultur den Weg und schafft Möglichkeiten, das Medium als Ausdrucksform wahrzunehmen, zu reflektieren und selbst nutzen zu können. Im aktuellen FFG wird Filmbildung als eine zentrale Aufgabe der Filmförderanstalt genannt, nähere Ausführungen hierzu finden sich allerdings nicht.

Problem:

Filmbildung bedeutet mehr als einen Kinobesuch mit der Schule: Sie ist zeitintensiv, benötigt qualifiziertes Personal und Ressourcen. Inklusive Filmbildung beinhaltet die Vermittlung von Wissen über die Geschichte des Films, seine Formen und seine Ästhetiken genau wie das praktische Ausprobieren, das Erfahren eines künstlerischen Prozesses bei der Schaffung eines eigenen Werkes. Zudem beinhaltet Filmbildung immer die Reflexion gesamtgesellschaftlicher, politischer, ethischer Fragen.

Filmbildung und Filmvermittlung wird jedoch innerhalb der Strukturen des kulturellen Feldes Film zu selten mitgedacht und weder von der Politik noch von der Gesellschaft als elementarer Teil der Film- und Kinokultur wahrgenommen. Es existiert keine kontinuierliche und damit nachhaltige Förderung für Filmbildung. Mit kurzen Projektzeiträumen oder einmaligen Sonderprogrammen können keine langfristigen Strukturen aufgebaut werden. So findet flächendeckende Filmbildung heute faktisch nicht statt. Die Folgen für die zukünftige Beziehung zwischen Publikum und Kino sind fatal.

Gründe:

Wie jede andere Bildungsform ist auch Filmbildung außerhalb der Gesetze des Marktes verortet: Filmbildungsmaßnahmen erzeugen nicht unmittelbar mehr Zuschauer*innen. Sie verfolgen längerfristige Ziele und arbeiten daran, ein Interesse für das Kino als singuläre Ausdrucksform des 20. und 21. Jahrhunderts, einen Diskurs über und ein gesellschaftliches Befragen des Kinos zu stärken. Filmbildung braucht Strukturen, um mehr zu vermitteln als einen “Best-of-Kanon”. Durch den Fokus des FFG auf die „wichtigen Filme“ wird automatisch auch ein umfassender Begriff von Filmbildung vernachlässigt, der den Reichtum von Filmgeschichte und Kinogegenwart auf Markterfolge reduziert.

Lösungsansätze:

Filmbildung muss zuallererst als wichtiges Element einer Filmkultur begriffen und von Produktion über Distribution bis hin zum Abspiel mitgedacht werden. Ohne explizite Verankerung im FFG kann dies nicht geschehen. Es müssen inklusive, interkulturelle, künstlerische, filmästhetische Filmbildung gefördert, entsprechende Stellen geschaffen und eine langfristige Strukturförderung dafür im FFG verankert werden. Um eine eigenständige kulturelle Filmbildung zu stärken, braucht es eine dezentrale und individuelle Anbindung an die Kinos. Dies geht einher mit Qualifizierungsmaßnahmen, Ausbildung, Outreach-Programmen und der Schaffung von individuell an die verschiedenen Regionen angepassten Rahmenbedingungen. Damit Filmbildung in der gesamten Filmbranche mitgedacht werden kann, braucht es außerdem die Expertise von Filmbildner*innen in Kommissionen und Gremien. Ein erster Schritt wäre es, sich an den Förderprogrammen für Filmbildung in anderen europäischen Ländern zu orientieren und Teile des im MEDIA Programm der EU Kommission angesiedelten “Film Education Moduls” mit in das FFG aufzunehmen.

Als Einstieg zum Thema Filmbildung empfehlen wir das Positionspapier der Filmbildungsgruppe des Hauptverband Cinephilie

  

Für weitere konkrete Vorschläge zu einem Neuanfang im deutschen Film siehe auch:

31.01.2023 Für einen Neuanfang. Die IZK+F stellt ihr Konzept für eine grundlegende Reform der Filmförderung vor

13.04.2022 Stellungnahme des HVC zur FFG-Novelle

26.04.2018 Frankfurter Positionen

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