Ein neues FFG muss mindestens 50% aller verfügbaren Gelder nach künstlerischen Kriterien vergeben.


Ausgangssituation:

Nach mehreren Aufschüben wird in Deutschland nun endlich eine grundsätzliche Neustrukturierung der Filmförderung anhand der FFG-Novelle 2024 diskutiert. Das Filmförderungsgesetz (FFG) regelt die Grundsätze der Filmförderung des Bundes und gilt auch als Leitlinie für die Filmförderungen der Länder. Die zwei großen Jury-basierten Filmförderinstitutionen des Bundes sind die Filmförderungsanstalt (FFA) und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), deren Instrument explizit als “kulturelle Filmförderung” benannt ist. Und auch die FFA soll laut §1 des FFG “als bundesweite Filmförderungseinrichtung die Struktur der deutschen Filmwirtschaft und die kreativ-künstlerische Qualität des deutschen Films als Voraussetzung für seinen Erfolg im Inland und im Ausland” fördern. Die zwei großen automatischen Förderinstrumente sind der Deutsche Filmförderfonds (DFFF) und der German Motion Picture Fund (GMPF).

Problem:

Durch die Vermischung künstlerischer mit wirtschaftlichen Kriterien in den Jury-basierten Förderinstrumenten sowie durch hohe wirtschaftliche Anforderungen bei den finanziell deutlich besser ausgestatteten automatischen Fördertöpfen wird der innovative künstlerische Film in Deutschland strukturell benachteiligt. Die komplexe Förderstruktur führt zum mittelmäßigen deutschen Gremien-Film, der im In- wie im Ausland nur sehr begrenzt auf Interesse stößt.

Gründe:

Politik und Förderstellen bekennen sich nicht eindeutig zur Filmkunst, sondern gehen davon aus, dass Publikumserfolg berechenbar ist. Deshalb wird Erfolg nach Zuschauer*innenzahlen und Umsätzen bewertet und entsprechende Erfolgsprognosen von angeblichen Erfolgsgaranten in Inhalt und Form sowie Cast und Crew publikumsstarker Filme abgeleitet. Produzent*innen sind von Fernsehsendern abhängig durch deren Mitspracherecht bei der Fördervergabe sowie durch Kapitalbedarf für Eigenanteil und Regionaleffekte, der durch TV-Koproduktion gedeckt werden muss. Gleichzeitig jedoch ziehen sich die TV-Sender zunehmend aus der Kino-Koproduktion zurück. Entsprechend selten entstehen künstlerische Innovation und internationale Aufmerksamkeit. Siehe hierzu auch # ACHTUNG SENDER! und # ACHTUNG RESSOURCEN!

Lösungsansätze:

Grundsätzliche Veränderung des Selbstverständnisses aller Beteiligten in der Filmförderstruktur hin zu einer Wertschätzung von Film als Kunst und Kultur. Eine Unterscheidung der Förderung nach künstlerischen versus wirtschaftlichen Kriterien: Nicht die Filme selbst sind per se künstlerisch oder wirtschaftlich! Es müssen 50% der Fördergelder nach künstlerischen Kriterien im Jury-Prinzip und 50% der Fördergelder per Automatismus nach wirtschaftlichen Kriterien vergeben werden. Es kann in beiden Töpfen gleichzeitig oder nacheinander eingereicht werden. Denn ein künstlerisch hochwertiger Film kann genauso wirtschaftlichen Erfolg haben, wie ein wirtschaftlich erfolgreicher Film künstlerisch hochwertig sein kann. Für die automatisierte Bewertung muss dabei die relative Wirtschaftlichkeit ausschlaggebend sein und nicht wie bisher die absolute. Außerdem müssen Förderentscheidungen vom Mitspracherecht der TV-Sender entkoppelt werden.

Für weitere konkrete Vorschläge zu einem Neuanfang im deutschen Film siehe auch:

31.01.2023 Für einen Neuanfang. Die IZK+F stellt ihr Konzept für eine grundlegende Reform der Filmförderung vor

13.04.2022 Stellungnahme des HVC zur FFG-Novelle

26.04.2018 Frankfurter Positionen

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