Ein neues FFG muss sowohl die Gründe für Förderentscheidungen als auch die Besetzungsprozesse für Jurys und Führungspositionen transparent machen und alle Amtszeiten auf maximal fünf Jahre begrenzen.

Hier geht es insbesondere um zwei Bereiche der Transparenz: 

  1. bei Förderentscheidungen
  2. bei der Besetzung von Jurys und Führungspositionen


1. zur Transparenz von Förderentscheidungen

Ausgangssituation:

Während die Sachbearbeiter*innen der kulturellen Filmförderung der BKM offiziell zu Stillschweigen über die Diskussionen der Förder-Jurys angehalten sind, erhalten Antragsteller*innen von FFA-Förderreferent*innen vage und fachlich unzureichende Auskünfte über die Gründe für Förderentscheidungen (letzteres gilt auch für die meisten Länderförderungen).

Problem:

Eine Garantie für sachliche und fachliche Bewertung der Förderanträge ist nicht gegeben. Eine Überprüfung der angewandten Kriterien ist nicht möglich. Förderbewerber*innen können über die Entscheidungsgründe nur spekulieren und keinen Nutzen aus einer Fachbewertung ihres Projektes ziehen. Entsprechend haben sie auch keine sinnvollen Anhaltspunkte, wie sie das Projekt “maßgeblich verändern” können, wie es Voraussetzung für Neueinreichungen bspw. bei der BKM ist und wie es bei fachlicher Begründung auch für die Einreichung bei anderen Förderungen sowie für das Projekt als solches hilfreich wäre.

Gründe:

Die Politik ist angehalten, keinen inhaltlichen Einfluss auf geförderte Projekte zu nehmen. Die Angst ist groß, dass durch öffentliche Projektbeurteilungen größere Angriffsflächen für juristische Widersprüche gegeben werden. Darüber hinaus sind Begründungen zu zeitaufwendig für Jurys, die nicht entsprechend vergütet werden. Und schließlich befürchten Jury-Mitglieder, dass durch die Veröffentlichung ihres Votums zu den eingereichten Projekten ihre Immunität in der Branche gefährdet ist.

Lösungsansätze:

Wenn Entscheidungen - und zwar Zusagen wie Ablehnungen - öffentlich begründet werden müssen, werden sachliche und fachliche Argumente entwickelt, die sowohl Filmschaffende als auch Steuerzahler*innen überzeugen. Entscheidungen sind nicht einfach anfechtbar und als unzulässige Einflussnahme auszulegen, wenn sie sachlich und fachlich hergeleitet werden - hier darf und muss sich die Branche auf ihre fachliche Expertise verlassen. Als Positivbeispiel hilft ein Blick in die begründeten Ablehnungsschreiben der Schweizer Filmförderung. Als Anregung kann auch auf bspw. vom Dramaturgieverband entwickelte Lektorate verwiesen werden.

Ein Grundsatz muss gleichzeitig jedoch immer sein: Der Innovation müssen die Türen geöffnet werden. Nicht bei jedem Projekt dürfen klassische Dramaturgien und Umsetzungsformen als Blaupause angesetzt werden. Um diese Unterscheidungskompetenz zu gewährleisten, müssen die Jurys divers besetzt werden und über entsprechende Fachbildung verfügen. Fachlich untermauerte Leitlinien zur Entscheidungsfindung, die den Jurys von den Förderinstitutionen an die Hand gegeben werden, sollten in kurzen Intervallen bspw. zweimal jährlich überprüft und ggf. aktualisiert werden.

Eine faire Bezahlung der Arbeit der Jurys (bspw. analog zu Tarifgagen in der Filmbranche) nach tatsächlichem Aufwand muss sozialverträgliche Arbeitsbedingungen herstellen und die Machbarkeit und Attraktivität dieser Aufgabe für kompetente und aktive Branchen-Vertreter*innen gewährleisten. Eine Minimalbesetzung der Jurys mit drei Personen zuzüglich eine*r Beisitzenden, die*der Protokoll führt und die Entscheidungsbegründungen noch während der Sitzung im Namen der gesamten Jury schreibt, kann den Prozess verschlanken und die Immunität der einzelnen Jury-Mitglieder gewährleisten.

 

2. zur Transparenz bei der Besetzung von Jurys und Führungspositionen

Ausgangssituation:

Neubesetzungsprozesse für entscheidungstragende Positionen sowie für Jurys in deutschen Filmförderungsinstitutionen sind derzeit zum großen Teil intransparent.

Problem:

Entscheidungstragende Positionen gestalten maßgeblich die Strukturen sowie das Mindset einer filmfördernden Institution mit. Jury-Mitglieder bestimmen direkt mit, welche Projekte gefördert werden und welche nicht. Bei intransparenten Besetzungsprozessen kann sich weder eine diverse Auswahl von Kandidat*innen bewerben, noch kann die Öffentlichkeit den Entscheidungsprozess mit überprüfen und im Notfall Einspruch erheben.

So werden notwendige Perspektivwechsel und repräsentative Entscheidungen unmöglich gemacht. In den Institutionen können sich über lange Zeit durch das Führungspersonal gefärbte Strukturen verfestigen, die bis in die Jury-Entscheidungen hineinwirken.

Gründe:

Vermeidung unerwünschter Bewerber*innen, Vermeidung von Mitsprache der Öffentlichkeit, Minimierung des administrativen Aufwands, Einflussnahme und Machterhalt.

Lösungsansätze:

Wenn Neubesetzungen nach klaren Kriterien öffentlich ausgeschrieben und später begründet werden müssen, werden sachliche und fachliche Leitlinien und Argumente entwickelt, die sowohl Filmschaffende als auch Steuerzahler*innen überzeugen. Amtszeitbegrenzungen auf maximal fünf Jahre vermeiden darüber hinaus das Einschleifen überkommener Strukturen in den Apparat.

In beiden Besetzungsprozessen kann durch Transparenz und Amtszeitbegrenzung sowie durch faire Bezahlung einer angemessenen Diversität Sorge getragen werden. Eine Demokratie muss sich diesem Mehraufwand stellen, denn bei der Vergabe öffentlicher Gelder müssen Transparenz und Perspektivwechsel durch Diversität selbstverständlich sein. Nur so kann unsere Gesellschaft in den Entscheidungen um öffentliche Fördergelder in ihrer Vielfalt abgebildet werden - siehe hierzu auch # ACHTUNG CHANCENGLEICHHEIT!


Für weitere konkrete Vorschläge zu einem Neuanfang im deutschen Film siehe auch:

31.01.2023 Für einen Neuanfang. Die IZK+F stellt ihr Konzept für eine grundlegende Reform der Filmförderung vor

13.04.2022 Stellungnahme des HVC zur FFG-Novelle

26.04.2018 Frankfurter Positionen